Du stellst nach 4:119 und 95:4 die Beschneidung als „irreversible Änderung“ dar. Es steht hier jedoch zur Diskussion, dass Gott selbst dieses anordnet. Nach dieser Logik muss Gott sündigen wenn er Menschen sterben lässt. Die Tora ordnet die Beschneidung ohne wenn und aber an (das NT spielt hier für Juden vorerst keine Rolle). Mose wäre laut Tora fast von Gott getötet worden, hätte seine Frau seinen Sohn nicht noch im letzten Moment beschnitten, um die Brisanz der Beschneidung mal zu umschreiben.
Dass es unter Juden Uneinigkeit bezüglich der vorgeschrieben Beschneidung gibt ist mir neu. Welche jüdische Strömung lehnt die Beschneidung denn ab? Vor allem aber: Die Tora ordnet es an. Es spielt folglich keine Rolle was die Praxis von einigen wenigen Juden ist (sind das dann noch Juden? Es wird sich hierbei wohl eher nur um Noachiden handeln oder um messianische Juden [die dem NT folgen]). Über den ganzen Tanach hinweg wird die Beschneidung als verpflichtend angesehen (Stichwort „Unbeschnittenen“). Die Theorie ist nicht nach 5:66-68 die Beschneidung abzuschaffen, sondern sie als freiwillig zu halten. Nach 5:66-68 allen Schriften zusammen zu folgen bedeutet nicht Abrogation, sondern sich als Jude oder Moslem beschneiden lassen zu können oder dem Neuen Testament nach auch bleiben zu lassen. Du aber möchtest „nur den Koran“ (was dem Koran widerspricht) und demnach kann die Beschneidung nur falsch sein. Ich erkläre dir hierbei jedoch, dass du hier falsch liegst. Mag sein dass du mit „Verstümmelung“ keine Provokation beabsichtigst, dennoch bleibt sie eine. Nach dieser Logik verstümmeln Juden und Muslime ihre Kinder ohne Halt in den Schriften. Sowas braucht man nicht schön reden. Du unterstellst Juden und Muslimen eine Straftat ohne hinreichende Begründung. Du könntest genauso auch „Beschneidung“ sagen und es darüber kritisieren. Deswegen bleibt es eine Provokation, eine Unberechtigte. Vor allem so etwas zu schreiben noch bevor die Diskussion abgeschlossen ist. Du lehnst damit auch automatisch die Tora ab, was gleich mehreren Koranversen widerspricht.
Natürlich muss man 5:66-68 auf alle anwenden wie es der Vers klar vorgibt. 5:64 und 5:67 haben mit unserem Sachverhalt überhaupt nichts zu tun. Da steht nichts von „Fortsetzung“, sondern dass man nach 5:68 auf „nichts“ ist, wenn man nicht alle abrahamitischen Bücher als geschlossenes Werk betrachtet. Du interpretierst in 5:68 ohne Begründung einfach rein. Gerade 5:64 und andere Verse machen doch klar, dass Juden an den Koran glauben müssen:
5:64 … Was zu dir (als Offenbarung) von deinem Herrn herabgesandt worden ist, wird sicherlich bei vielen von ihnen die Auflehnung und den Unglauben noch mehren.
Warum sollen Juden das tun wenn sie -deiner Meinung nach- sowieso ihre eigene „vollständige“ Scharia haben? Warum sollen sie an etwas glauben was sie nicht betrifft? Das ergibt keinen Sinn. Die Verse 5:66 und 5:68 sind dann allgemein für uns alle gemeint und - wie bereits erwähnt - keine „Fortführung“ die da nirgends steht, nicht nur für die Schriftbesitzer selbst, auch wenn nur sie dabei erwähnt werden - warum? Es wäre sonst unlogisch, dass in anderen Versen im Koran steht, dass Muslime auch an die Schriften glauben sollen, die den Juden und Christen bereits vorliegen:
2:136 Sagt: Wir glauben an Gott und an das, was zu uns (als Offenbarung) herab gesandt worden ist, und an das, was zu Abraham (!), Ismael, Isaak, Jakob und den Stämmen herab gesandt wurde, und (an das,) was Moses und Jesus gegeben wurde, und (an das,) was den Propheten von ihrem Herrn gegeben wurde. Wir machen keinen Unterschied bei jemandem von ihnen , und wir sind Ihm ergeben. (Siehe auch 2:285 und 3:84)
Warum sollen wir an Dinge glauben die uns deiner Meinung nach nichts angehen? Glauben bedeutet auch immer Befolgung, denn: Wir sollen unter den Gesandten keinen Unterschied machen, was man „nur“ mit dem Koran tut. Die Schriften der anderen Gesandten werden somit nicht gleichrangig beachtet wie der Koran es klar verlangt. Dass in 5:66-68 nur die Schriftbesitzer erwähnt werden, heißt demnach nicht dass Muslime davon ausgenommen sind:
4:47 O ihr, denen die Schrift gegeben wurde, glaubt an das, was Wir offenbart haben, das zu bestätigen, was euch vorliegt , bevor Wir Gesichter auslöschen und nach hinten versetzen oder sie verfluchen, wie Wir die Sabbatleute verfluchten. Gottes Anordnung wird (stets) ausgeführt.
Die Muslime bestätigen die vorangegangenen Schriften. Auch steht in den Versen 11:118-119 folgendes:
11:118 Und wenn dein Herr wollte, hätte Er die Menschen wahrlich zu einer einzigen Gemeinschaft gemacht. Aber sie bleiben doch uneinig, 119 außer denen, derer Sich dein Herr erbarmt hat. → Dazu hat Er sie erschaffen. Und so erfüllt sich das Wort deines Herrn: „Ich werde die Hölle ganz gewiss mit den Ginn und den Menschen allesamt füllen."
Der Grund also warum Menschen erschaffen wurden, ist Einheit in der Vielfalt der Religionen zu halten und nicht zu sagen „ich folge „nur“ dem Koran“, oder einer bestimmten „Fortführung“ / “Scharia“, denn Christen und Juden dürfen in ihren Riten bleiben. Man kann demnach gerne muslimischen Riten nachgehen und muss dabei dennoch die anderen Schriften in ihren Weisungen nach gleichrangig wie den Koran achten oder anders: sich die Riten aussuchen zwischen den Büchern, immer aber gilt nur nach der Offenbarung zu urteilen (mit Blick auf alle monotheistischen Bücher). Den Begriff „hanif“ in Bezug zu Abraham lasse ich noch außen vor. Der Neue Bund löst den Alten nicht ab, erfüllt ihn nur. Ferner haben wir noch den Koranvers 74:31 welcher Juden und Christen mit ins Boot holt. Das ergibt keinen Sinn wenn sie den Koran außer acht lassen können:
74:31 damit diejenigen Überzeugung gewinnen, denen die Schrift gegeben wurde , und damit diejenigen, die glauben, an Glauben zunehmen, und damit diejenigen, denen die Schrift gegeben wurde, und (auch) die Gläubigen nicht zweifeln
Dass nach 5:43 der Prophet nicht als Richter erhoben werden darf ist nicht richtig. In 5:43 werden die Juden nur dazu kritisiert, dass sie sich ein anderes Urteil als das in der Tora wünschen und deswegen den Propheten aufsuchen. In 5:48 steht nämlich:
5:48 So richte zwischen ihnen (= Juden aus 5:43) nach dem, was Gott (als Offenbarung) herabgesandt hat, und folge nicht ihren Neigungen entgegen dem, was dir von der Wahrheit zugekommen ist.
Hiermit wird klar dass der Prophet unter den Juden urteilen soll. Auch gerne nur der Tora oder dem Evangelium gemäß (wobei man sich hier auf Koranvers 5:15 beziehen kann, dazu kommen wir noch).
„Glaubensbekenntnis“ Abrahams ist richtig übersetzt. „Glaubensbekenntnis“ ist klar in der Wurzel enthalten, bitte belege dein Argument wonach man anders übersetzen kann/soll. Ein Beleg aus einem Wörterbuch. Des Weiteren der Satz unsinnig wird, nicht Abraham selbst zu folgen, wo in entsprechenden Versen Abraham kein Götzendienst attestiert wird und es somit um den Glauben selbst geht (siehe dazu insbesondere 3:95). Die Wurzel:
Miim-Lam-Lam = to dictate, embrace a religion, creed/faith. (project root list)
Abrahams Religion/Glaubensbekenntnis wird an vielen Stellen umschrieben und dass der Prophet dem folgen (!) soll, das nimmt - unter Umständen - die Beschneidung mit ein, wenn man nämlich will. Es steht:
3:68 Die Menschen, die Abraham am nächsten stehen, sind wahrlich diejenigen, die ihm folgten (= auch seinen ewigen (!) Bund befolgen - also evtl Beschneidung!), sowie dieser Prophet und die, die (mit ihm) glauben. Und Gott ist der Schutzherr der Gläubigen.
Abraham ist Vorbild laut Koran, demnach seine Beschneidung auch, wenn man es will.
16:123 Und hierauf haben Wir dir (Muhammad) eingegeben: „Folge dem Glaubensbekenntnis/Religion Abrahams, ein Anhänger des rechten Glaubens/ein Hanif, und er gehörte nicht zu den Götzendienern.“
Deine Argumentation wonach im Koran in Vers 6:38 nichts ausgelassen wurde ist fehlerhaft, denn nach dem Koran ist auch die Tora eine „Klärung aller Dinge“ (Vers 6:154, damit wird automatisch mindestens die ganze Bibel verpflichtend). Zudem wir bei Unkenntnis die Schriftbesitzer befragen sollen (16:43, 21:7, 10:94), das ergibt dann keinen Sinn mehr. Dein Artikel, den du verlinkt hast, denken wir jetzt zu Ende. Dein Zitat dort:
„Dies ist der Bericht im Koran über Abraham, der seinen Traum zu erfüllen versuchte. Dies war aber definitiv kein Befehl Gottes . Es war nur ein Traum, den Abraham für wahr gehalten hatte, und den er demzufolge als Gottes Befehl interpretierte .“
Also Abraham hatte „einen normalen Traum“ (man muss hier eigentlich gemäß der Tora mit Vision [von Gott] übersetzen!) und deswegen geht er einfach mal seinen einzigen Sohn schlachten, der - auch verrückt - ermutigt ihn das durchzuziehen und tut es auch eigentlich, aber Gott greift vor diesem Wahnsinn zuvor schützend ein – soll ich das jetzt noch weiter ausführen? Vor allem ist in 37:102 der „Befehl“ Gottes rauszulesen und nicht wie du behauptest ein normaler Traum, wonach Abraham zwingend zu einem Gestörten degradiert wird. 37:106 spricht von einer „klaren Prüfung“ und nicht von einem „schlechten Tag“ Abrahams der Gott nicht zuordnen kann. Zudem dann die Tora nicht mehr als authentisch gelten kann obwohl die Tora - laut Koran (!) - für Juden als Autorität gelten muss? Was sagt der Koran?
„Bringt doch die Tora bei und verlest sie dann, wenn ihr wahrhaftig seid.“ (zB 3:93)
Man könnte noch vieles zum Artikel sagen aber das reicht soweit denke ich. Auf Punkt 3 bin ich nicht eingegangen weil es hier nur um die Beschneidung im Judentum geht und nicht was das Evangelium daraus macht. Nach dem Koran urteilen Juden unter anderem auch nach der Tora. Steinigung und Todesstrafe gibt es in der Tora und es bleibt eine legitime Bestrafungsmethode. Wir wollen Gott verstehen und keine liberalen Abenteuer. Zumal auch da man diese Strafen nicht anwenden muss, wenn man alle Religionen zusammen liest, einer milderen Strafe wird mit Sicherheit dadurch Vorrang gegeben werden können (= „dem besten der Schrift folgen“). Das wird aus Koranvers 5:15 deutlich:
5:15 O Leute der Schrift, Unser Gesandter ist nunmehr zu euch gekommen, um euch vieles von dem klarzumachen, was ihr von der Schrift verborgengehalten habt, und er vieles verzeiht . Gekommen ist, nunmehr zu euch von Gott ein Licht und eindeutliches Buch.
(Auch hier wird klar dass die Bücher nicht als getrennte Werke betrachtet werden dürfen!)
Besser aber einfach den Mist zu unterlassen, der zu diesen Strafen führt, es ist nicht zu viel verlangt:
11 Denn das Gebot, das ich dir heute gebiete, ist dir nicht zu hoch und nicht zu fern. 12 Es ist nicht im Himmel, dass du sagen müsstest: Wer will für uns in den Himmel fahren und es uns holen, dass wir’s hören und tun? 13 Es ist auch nicht jenseits des Meeres, dass du sagen müsstest: Wer will für uns über das Meer fahren und es uns holen, dass wir’s hören und tun? 14 Denn es ist das Wort ganz nahe bei dir, in deinem Munde und in deinem Herzen, dass du es tust. > 5. Mose 30
Was du mit der Bibelstelle zu Jeremia meinst, musst du mir nochmal zeigen. Meinst du den neuen Bund? Noch zum Argument bei Koranvers 5:32:
Die Kinder Israels bestehen schon vor den mosaischen Toravorgaben (=ab Exodus). Moses hat den alten und den bindenden Teil als Buch von Gott aus übergeben bekommen (bei Exodus). Demnach ist 5:32 etwas, das bis zum Koran für Juden keine Relevanz hat (denn das Aktuelle bindet und nicht was zuvor war oder im AT nicht vorkommt). Es ist eine alte Vorgabe, welche vor dem mosaischem Gesetz praktiziert wurde, nur nochmal im Koran erwähnt worden und nicht etwas woraus du ein Argument für dich nehmen könntest.
Judenchristen und Heidenchristen wurden von Anfang an getrennt. Judenchristen hielten sich an die Beschneidung. Heidenchristen nicht, aber Paulus hat einem seiner Mitstreiter die Beschneidung erlaubt damit er in Synagogen predigen konnte. Die Beschneidung war also selbst bei Heidenchristen nicht einfach per se verboten, sondern vielmehr unnötig (die Beschneidung des Herzens war zentral).
Du kannst aus 12:111 nicht einfach Abraham auf den Koran verkürzen. Abraham ist im Koran nicht vollständig wiedergegeben. Viele Teile der Bibel fehlen. Zum Beispiel sein „ewiger“ Bund mit Gott, die Beschneidung. Schauen wir dazu auf folgenden Vers:
2:124 Und (gedenkt,) als Abraham von seinem Herrn mit Worten’ geprüft wurde, da
befolgte er sie. Er (Gott) sagte: „Ich will dich zu einem Vorbild für die Menschen
machen." Er (Abraham) sagte: „Und von meiner Nachkommenschaft?" Er sagte:
„ Mein Bund erstreckt sich nicht auf die Ungerechten."
Du kannst alleine mit dem Koran nicht feststellen was dieser Bund / das Vorbild genau beinhaltet. Du musst - koranisch verpflichtend - die Schriftbesitzer fragen, die werden dir dann den Sachverhalt erklären mit der vom Koran autorisierten Tora. Der Koran bestätigt, wie bereits erwähnt, dass auch die Tora eine „Klärung aller Dinge“ ist (6:154). Der Koran hält das alte wie auch neue Testament weiterhin für bindend (5:43-44, 5:47).
Letzten Endes ist zu sagen, dass es auf die Beschneidung des Herzens ankommt und keinen physischen Akt. Das wird aus dem Tanach, dem NT und dem Koran klar. Es wäre jedoch völlig verkehrt eine bindende Vorgabe Gottes ohne hinreichende Begründung einfach zu verwerfen.